Das Kreisgespräch der „Restorative Circles“

»Die meisten Menschen hören zu, um zu antworten
– die wenigsten Menschen hören zu, um zu verstehen.«

Marshall Rosenberg (Begründer der „Gewaltfreien Kommunikation“)

Im Juni durften wir (Gemeinschaft Mycelium Berlin) unter der Begleitung von Maggie (Gemeinschaft Aureum Leipzig) das Kreisgespräch der „Restorative Circles“ kennenlernen und gleich anhand eines konkreten Konflikts üben. Im Kern geht es dabei darum, die Beweggründe und die Motivation für Handlungen zu verstehen, die zu Konflikten geführt haben. Und vor allem darum, dass sich der/die Einzelne mit seinen/ihren Bedürfnissen gehört fühlt. Um das sicher zu stellen, wurde alles Gesagte von einer anderen Person im Kreis noch einmal mit eigenen Worten wiedergegeben, solange bis sich die sprechende Person wirklich gehört fühlte. 

Es geht auch darum zu erkennen, dass hinter jeder Handlung doch meist eine gut gemeinte Absicht steckt, um wieder Empathie und Mitgefühl für die andere Konfliktpartei zu entwickeln. Ich war persönlich nicht in den Konflikt verwickelt und konnte Folgendes beobachten:

  • 🔸 Es braucht Mut, über die eigenen Gefühle und Verletzungen in einer Gruppe zu sprechen.

  • 🔸 Es kann sehr schwer fallen, wirklich nur das zu wiederholen, was gesagt wurde. 
  • 🔸 Es braucht viel Übung, um mit Ich-Botschaften gewaltfrei zu kommunizieren. 
  • 🔸 Es braucht eine sehr klare und unterstützende Begleitung, um diese neue Art der Kommunikation zu erlernen.

Fazit: Ich bin sicher, dass diese Form der Kreisgespräche einiges in unseren Köpfen und Herzen bewegt hat. Im zweiten Termin, der für den September geplant ist, werden wir erfahren, welche Wirkung der „Restorative Circle“ auf die Konfliktparteien hatte. Herzlichen Dank an Maggie, dass sie dafür extra aus Leipzig nach Berlin kam, um uns zu begleiten.

Esther V., Gemeinschaft Mycelium Berlin


Schon lange beschäftigen mich zwei Fragen, die irgendwie zusammenhängen: Wie geht Frieden? Und wie geht Gemeinschaft? Ich habe den Wunsch nach einem echten Miteinander, wo Konflikte weder unter den Teppich gekehrt, noch nach dem Prinzip des Stärkeren ausgetragen werden. Auf der Suche nach einer Antwort bin ich auf „Restorative Circles“ gestoßen. Bei diesen Kreisgesprächen geht es vor allem darum, nach den guten Gründen zu forschen, die Menschen dazu bewegen, sich so zu verhalten, wie es uns gerade nicht gefällt, anstatt zu diagnostizieren, was mit dem anderen nicht stimmt. Kern dieses Ansatzes ist der sogenannte Dialogprozess. Er besteht darin, das vom anderen Gesagte mit eigenen Worten wiederzugeben und damit zu überprüfen, ob die gesendete Botschaft unverzerrt angekommen ist oder nicht. Wird dies vom Sprechenden nicht bestätigt, wird die Botschaft erneut formuliert, solange, bis der Sprechende den Eindruck hat, dass der Zuhörende wirklich verstanden hat. Fühlt sich der Sprechende adäquat gehört, werden die Rollen getauscht und der Zuhörende drückt seinerseits aus, was er fühlt und braucht. Ziel ist, dass Gefühle und Bedürfnisse geäußert und wahrgenommen werden, damit die Verbundenheit als Grundlage in der Gemeinschaft wieder hergestellt werden kann.

Wir haben im SOLIDAGO-Kontext bereits verschiedene Kreisgespräche durchgeführt, mit wechselndem Erfolg. Meiner Meinung nach hing dieser maßgeblich davon ab, ob die Teilnehmenden das Ziel des Prozesses verstanden hatten und wie gut sie sich auf die ungewohnte Art, miteinander zu sprechen und hinzuhören, einlassen konnten. Auch wenn dieses System nicht perfekt ist, ermutige ich dazu, es auszuprobieren, Meinungsverschiedenheiten auf diese ungewöhnliche Art zu klären und zu schauen, was passiert. Am besten übt man mit kleinen „Spannungen“, die oft die Bezeichnung Konflikt noch gar nicht verdienen. Und plötzlich den anderen nicht als Gegner, sondern als Menschen wahrzunehmen und selbst gesehen zu werden und zu entdecken, dass uns viel mehr verbindet als uns trennt.

Aktuell bewegt uns die Frage, wie es gelingen kann, einen physischen Raum (bewusst kein Zoom) zu schaffen, der es interessierten Menschen in SOLIDAGO ermöglicht, diese Konfliktbearbeitungsstrategie auszuprobieren und zu üben. Falls wir es dann als hilfreich befinden, können diese Menschen als Multiplikatoren wirken, es in ihre Gruppen tragen und so eine Dynamik entstehen lassen, die das Potential hat, Verbindung und Versöhnung entstehen zu lassen.

Maggie K., Gemeinschaft Aureum Leipzig | ✉️ mklingner@posteo.de

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